Über den Äquator

20220917 – 0°54’43.668″ S 13°39’7.992″ W – PS132

Nur eine Puppe: Neptun kommt nicht so niedlich daher!

Schon die alten portugiesischen Entdeckungsreisenden vermuteten, dass das Überschreiten des Äquators tödlich enden müsse – es sei denn, man träfe gewisse Vorbereitungen. Vor allem müsse man seinen Mut und seine Gläubigkeit durch eine Taufe bekräftigen. Übersteht man diese wohlbehalten und gesund, ist man auf der sicheren Seite. Denn was kann einem dann noch schlimmeres widerfahren? Auf jeden Fall sollte man vorher versuchen, Neptun wohl gesonnen zu stimmen!

Es gab eine Menge „Ungetaufte“ auf dieser Reise. Darauf musste Neptun reagieren! Da nutzt auch keine Verkleidung als Meeresbewohner oder was auch immer…

Da wir viele an Bord hatten, welche sich noch nicht der Taufe stellten, wuchs die Angst im selben Maße wie die Breitengrade schwanden. Um Neptun zu schmeicheln veranstaltete man zwei Tage vor dem Erreichen des Äquators einen „Neptun & Thetis Next Topmodell Contest“. Allerlei Verkleidungen wurden vorgeführt, das Deck war bevölkert mit Seeschwämmen, Schildkröten, Narwalen, Aquarien (?!??) und dergleichen mehr. Sogar ein Pinguin wurde gesichtet. Wollte jener etwa Neptun verwirren und so der Prüfung entgehen? Es nützte nichts – Polarstern fuhr unbeirrt weiter gen Breitengrad Null und schließlich kam der Tag, an dem er überschritten wurde. Neptun nahte alsbald.

Leckereien zum Frühstück: Fischpudding.

Die Ungetauften wurden in aller Frühe geweckt und gesammelt. Einige derjenigen, die sich der Prüfung schon unterzogen hatten, verdingten sich als willige Helfer. Es gab eine Ansprache zur Vorbereitung auf den großen Tag, Ermahnungen vor allem. Auch ein Frühstück gab es, sich für die Ankunft Neptuns und der seinen zu stärken. Gereicht wurden Dinge aus Neptuns Küche wie Fischpudding, Algen oder was auch immer in Aspik und extra, wochenlang aufgehobenes, frisches Brot. Solcherart gestärkt wurden die Täuflinge alsbald in einen abgeschiedenen Raum geführt, wo sie sich ungestört aller Ablenkungen des normalen Schiffsalltags auf ihre Sünden besinnen konnten. 

Schon mal vorbereitet: Das Taufbecken…

Nur zu Testzwecken: Vorbereitungen für die hochnotpeinliche Befragung.

Um die Mittagszeit war es dann soweit. Neptun und Thetris erschienen samt Gefolge an Deck. Begrüßung durch den Kapitän – in frisch gebügelter Uniform, versteht sich. Ansprache durch den Pfarrer – von gelangweilten Blicken Thetris’ verfolgt. Dann endlich, Neptun ergreift das Wort, die Täuflinge verneigen sich und flehen um die Gunst der Taufe. Dieselbe wird gewährt und der Reigen konnte beginnen.

Die Taufzeremonie hat begonnen: Befragung der Täuflinge durch den Schmied.

Kurz vor dem Taufbecken: Ein letztes Foto mit…Blitz?!?

Die zu Taufenden wurden einzeln vorgeführt. Ein neuer Name, unter dem sie künftig die Weltmeere befahren sollten, wurde vom Pfarrer verkündet. Dann folgte eine kurze hochnotpeinliche Befragung ob der Sünden, derer sich der Betreffende schuldig gemacht hätte. Reue wird durch ein Branding mit Neptuns Zeichen belohnt. Solcherart geläutert wurden die Täuflinge auf körperliche Mängel untersucht, gereinigt und frisiert. Fotografiert. Ein kurzer Abstecher zum Astrologen und dann, dann war es soweit. Im Taufbecken wurden die Täuflinge als Gefolgschaft Neptuns neugeboren. 

Unter untertänigstem Dank erhielten sie abschließend den Segen Neptuns und dürfen nun auf unbehelligte Fahrt in den Südmeeren dieser Welt hoffen.

CR (baptizatus est)

NEPTUN in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit!