20220810 – 71°16’29.1″ N 25°14’31.632″ W – PS131
Plan-B also. Knapp drei Tage haben wir bis zur Einfahrt in den Scoresby Sund gebraucht. Hier trafen wir auf die Maria S. Merian. Sie ist ebenfalls in grönländischen Gewässern unterwegs. Während die Schiffe nahe beieinander lagen, tauschten sich die beiden Kapitäne über Funk aus, bewunderten gegenseitig den guten Zustand der Schiffe und dergleichen mehr. Nach einer Stunde dann Grüße per Typhon und unsere Wege trennten sich wieder. Merian wird weiter außerhalb des Fjordes forschen, wir dagegen fuhren hinein in die imposante Szenerie des größten und längsten Fjordsystems der Welt. Die zu bergenden Verankerung befanden sich am Ende des etwa 110 Seemeilen langen Hauptbeckens. Rund zehn Stunden benötigt Polarstern für diese Strecke.
Der Scoresby Sund – grönländisch Kangertittivaq, großer Fjord genannt – hat eine baumähnliche Struktur. Etliche Nebenfjorde münden in das riesige Hauptbecken. Insgesamt hat dieses System in etwa die Fläche Dänemarks. William Scoresby, ein britischer Seefahrer und Forscher, entdeckte und kartierte ihn 1822. Die einzige, größere und dauerhaft bewohnte Siedlung ist Ittoqqortoormiit mit 345 Einwohnern an der Nordseite des Ausgangs. Die Fauna ist ungewöhnlich reich für Grönland. Es gibt hier Moschusochsen, Polarfüchse, Hermeline, Schneehasen, Lemminge und alle möglichen Arten von Vögeln. Das Klima ist arktisch geprägt, also von langen, kalten Wintern mit heftigen Stürmen und kurzen Sommern, in denen die Temperaturen kaum über 5°C steigen.
Im Vergleich zu den meisten Tagen dieser Expedition meinte es das Wetter heute endlich mal so richtig gut mit uns. Gleich heute Morgen konnte der erste Versuch, Seen auf einem der Gletscher zu erreichen, gestartet werden. Leider lagen die Seen zu weit oben, waren gefroren und mit Schnee bedeckt. Das schränkte die Möglichkeiten der Untersuchung ein. Der Ausflug mit dem Heli war nur kurz. Gegen Mittag erreichte Polarstern das Ende des Hauptbeckens, Hall Bredning genannt. Hier verzweigt der Fjord in den Nordvestfjord und den Ikaasakajik Øfjord und hier lagen die beiden Verankerungen, die es zu bergen galt. Während der Bergung machte sich der Heli zu einem weiteren Versuch auf, Gletscherseen zu erreichen und zu vermessen. Ein paar andere Wissenschaftler verschwanden mit dem Zodiak hinter dem nächsten Eisberg. Auch CTDs wurden gefahren. Außerdem vermaßen wir den Meeresbodens rund um die Verankerungen und fügten dem riesigen Puzzle der Meeresbodenkartierung ein weiteres Stück hinzu.
Inzwischen sind wir wieder auf dem Weg zur Mündung des Fjordes. Dort wird morgen eine weitere Verankerung geborgen, wohl die letzte wissenschaftliche Aktion dieser Reise. Danach geht es auf den Transit nach Bremerhaven, wo wir nächsten Mittwoch mit dem Morgenhochwasser erwartet werden. Es wird wohl eine ruhige Überfahrt, Stürme sind nicht in Sicht.
CR