MedEvac

20200422 – 84° 06.599’ N 15° 59.700’ E – MOSAiC Leg 3

Scouting im Schneetreiben für einen Weg zur Landebahn. Leider erfolglos – zu Fuß kommt man derzeit nicht sicher zum nur wenige hundert Meter von der Polarstern entfernten Flugfeld.

Medical Evacuations waren die heutigen Flüge nicht im eigentlichen Sinne. Notfälle daheim zwangen die sieben Passagiere dennoch, die Polarstern mit zwei Twin Otter Fliegern von Ken Borek Air zu verlassen. Es gibt viele an Bord, denen eine Verdoppelung der Einsatzzeit nicht in die Planung passt, doch bei einigen kann so etwas existenzgefährdend werden. Und für diese wurden die Flüge eigens organisiert. Von der Polarstern geht es über Station Nord, Resolute Bay, Arctic Bay und Churchill bis Toronto. Von da weiter in die jeweiligen Heimatländer der sieben Ausgeflogenen. Die beiden Deutschen auf dieser Odyssee werden am Samstag Morgen in Frankfurt eintreffen, falls es keine weiteren Verzögerungen geben sollte.

Die erste Twinotter schwebt über MetCity in Richtung Landebahn.

Verzögerungen gab es allerdings schon im Vorfeld. Wetterbedingt. Ursprünglicher Plan war es, die Flüge am Sonntag durchzuführen. Piloten und Personal befanden sich zu diesem Zeitpunkt schon ausreichend lange in Quarantäne. Doch starker Wind, am Montag sogar in Sturmstärke, machten wieder einmal alle Pläne zunichte. Erst gestern konnte man von einer Verbesserung der Bedingungen ausgehen, gut genug wurde es aber erst während der Nacht zu heute. Whiteout-Bedingungen, also Sichten unter einem Kilometer, verhinderten zudem das rechtzeitige Vorbereiten unserer kurzen, improvisierten Landebahn. Auch ist die Runway aufgrund der Eissituation rund um die Polarstern nicht mehr auf dem „Landweg“ zu erreichen. Alle Helfer für die nötigen Vorbereitungen, das Material und später auch die Passagiere mitsamt Gepäck mussten per Hubschrauber an Ort und Stelle gebracht werden.

„Flughafen“ R/V Polarstern.

De Havilland Canada Twinotter auf dem „Flugfeld“ neben der Polarstern.

Die Landebahn wurde schon während des zweiten Legs präpariert. Sie war mal rund 800 Meter lang und für genau solche MedEvac-Flüge gedacht. Während unserer Zeit auf der Scholle sollte sie verlängert werden, so dass die russischen AN74 für unseren Crewchange Anfang April dort hätten landen können. Vor allem durch unsere umplanmäßig schnelle Drift nach Süden zerbrach sie jedoch schon vor Wochen in drei Teile, deren größter Teil nun knapp 600 Meter lang ist. Für die Twin Otter Maschinen reicht das. Größere Flugvorhaben, wie beispielsweise ein kompletter Crewchange, sind nicht durchführbar. 

Betrieb auf der Landebahn nahe der Polarstern.

Per Hubschrauber wurden die Passagiere zu den Twinotters gebracht.

Um die Mittagszeit war alles vorbereitet. Wir gaben grünes Licht für die in Station Nord wartenden zwei Twin Otters und gegen 15 Uhr schwebte der erste Flieger über MetCity in Richtung Landebahn. Nach einem Überflug landeten beide Maschinen sicher auf dem Eis, die Passagiere wurden mit dem Helikopter auf das kleine Flugfeld gebracht und starteten in Richtung Heimat. Reichlich eine Stunde waren die Flieger bei uns. Inzwischen sind sie sicher in Station Nord im Norden Grönlands angekommen. Von dort geht es dann morgen weiter, das Wetter wird diese Pläne jedenfalls nicht durchkreuzen.

Twinotter während des Starts – eine Pistenlänge von 366 Metern reicht aus.

Wir sind jetzt sieben weniger auf dem Schiff. Ein Ersatz konnte auf diesem Wege nicht organisiert werden. Die Operation zeigt uns, dass es möglich wäre, im Notfall nach Hause zu gelangen. Ein kompletter Austausch der Besatzung und der Wissenschaftler würde auf diesem Wege nicht funktionieren oder aber Wochen und Monate dauern. Also sind wir weiterhin darauf angewiesen, dass die Pläne, einen Austausch mit zwei deutschen Forschungsschiffen in Spitzbergen durchzuführen, funktionieren. Ich habe da so meine Zweifel, vor allem was den zeitlichen Rahmen betrifft. Warten wir es ab – etwas anderes bleibt uns ja nicht….

CR

Scientists4Future – We deliver the facts! Und das mittlerweile schon seit Monaten!