Tag der Entscheidung

20200421 – 84° 32.22’ N 14° 34.74’ E – MOSAiC Leg 3

Scouting für eine neue Route nach MetCity.

Gestern war der Tag der Tage! Bis dahin sollte aus der „optionstable“ ein Plan werden. Viele der dort aufgezählten Möglichkeiten für den weiteren Verlauf von Leg 3 erwiesen sich als undurchführbar. Seit gestern ist es nun offiziell: Die Polarstern wird die Forschungsscholle verlassen, um in Spitzbergen einen Crewchange durchzuführen. Verschiedene Messgeräte sollen währenddessen auf der Scholle verbleiben. Nach dem Wechsel in Spitzbergen soll das Schiff zur Scholle zurück kehren und die Forschung wieder aufnehmen. Soweit die Grundidee. Leider hat auch dieser Plan eine Menge an Variablen aufzubieten. Die neue Crew soll mit den Forschungsschiffen Sonne und Merian nach Spitzbergen gebracht werden. Dazu müssen sich deren Crews, wie auch die neue Polarsterncrew und alle Wissenschaftler ab Anfang Mai in Bremerhaven in Quarantäne begeben. Alle werden auf Corona getestet, dürfen dann die für die Quarantäne angemieteten Hotels nicht verlassen und machen sich am 18.05. nach einem weiteren Test auf die Reise nach Norden. Ist das geschafft, treffen die beiden Schiffe um den 23.05. herum auf die Polarstern, welche am 15.05. nach hoffentlich erfolgreicher Teilberäumung die Scholle verlassen haben wird. In Spitzbergen gibt es dann ein bis zu fünf Tage dauerndes Handover zwischen Leg 3 und Leg 4, diverse Cargooperationen und Betankung eingeschlossen. Ist das geschafft, machen sich alle Schiffe auf den Weg, Merian und Sonne nach Bremerhaven, die Polarstern zurück zur Scholle. Nach diesem Plan werden wir Anfang Juni in Bremerhaven sein und die Forschungsarbeiten müssen nur für maximal drei Wochen unterbrochen werden.

Droneville ist zu Insel geworden. Im Vordergrund sieht man das Chaos der Powerline.

Außerdem im Plan ist ein Medical Evacuation Flug mit zwei Twinotter-Fliegern über Station Nord in Grönland. Die Vorbereitungen laufen schon seit einiger Zeit, geplant waren die Flüge schon für den letzten Sonntag. Durch schlechtes Wetter mussten sie immer wieder verschoben werden und sollen nun morgen stattfinden. Im Moment weiß aber noch niemand, wie unsere Landebahn den Sturm überstanden hat. Wegen der Whiteout-Bedingungen während des zum Teil mit Windstärke 9 wehenden Windes kann man nur 50 Meter weit schauen. 

Auch die Scholle selber macht jede Planung schwierig. Immer wieder öffnen sich schmale Risse zu weiten, nicht passierbaren Leeds. Das Log-Team ist regelmäßig mit dem Scouting für neue Routen beschäftigt. MetCity ist im Moment nur mit dem Boot zu erreichen. Die in den letzten Wochen mühevoll installierte Powerline musste gestern wieder geborgen werden. Inwieweit wissenschaftliches Arbeiten weiterhin möglich sein wird, ist noch unklar. Auch muss man um die Gerätschaften fürchten, die nach dem aktuellen Plan immerhin drei Wochen allein auf einer instabilen Scholle in der Arktis rumtreiben werden.

Sollte es nicht gelingen, eine gesunde Mannschaft aus Crew und Wissenschaftlern nach Spitzbergen zu bringen, dann wird – als Plan B – die Polarstern selber nach Bremerhaven fahren. Allerdings nicht ohne vorher die Scholle komplett geräumt zu haben. Was das für unseren Zeitplan bedeuten würde, mag ich mir gar nicht vorstellen!

CR

Dronevielle und MetCity sind nur noch auf dem Wasserweg zu erreichen.