Larsen C

20190221 – 63° 35.931’ S 56° 18.289’ W – PS118

Die Polarstern in Wartestellung auf der Reede vor Punta Arenas.

Am Montag, dem 18.02.2019 starteten wir mit neun Tagen Verspätung endlich zu Expedition PS119! Für die Überquerung der Drake-Passage zeichnete sich ein günstiges Wetterfenster zwischen zwei Tiefs ab, was viele mit Erleichterung zur Kenntnis nahmen. Leider waren wir dann doch nicht so schnell unterwegs, eines der Orkantiefs erwischte uns mit seiner Flanke und bescherte uns eine unruhige Nacht mit Windgeschwindigkeiten von über 50 Kt und bis zu sieben Meter hohen Wellen. Das Frühstück haben viele ausgelassen, ich selber hatte auch keinen Appetit mehr.

In der Magellañstraße kurz vor dem Atlantik.

Doch all das war schnell vergessen. Heute Mittag erreichten wir die ersten Eisberge vor der Antarktischen Halbinsel und am Abend passierten wir Rosamel-Island. Letztes Jahr war ich schon mal hier und irgendwie hat der Felsen etwas magisches. Markant erhebt er sich zwischen den Inseln am nördlichen Ende der Antarktischen Halbinsel. Hier beginnt die Weddellsee. Hier gibt es Packeis soweit das Auge reicht. Hier wird die Expedition zum Abenteuer.

Erste Eisberge nahe der Antarktischen Halbinsel.

Ziel des Abenteuers ist das Larsen-Schelfeis, ein langgezogenes Schelfeis, das sich an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel bis weit in den Süden erstreckt. Benannt wurde es nach dem norwegischen Kapitän Carl Anton Larsen, der 1893 mit seinem Schiff Jason hier entlang segelte. Von Nord nach Süd unterteilt man das Larsen-Schelfeis in vier Abschnitte von Larsen A bis Larsen D. Die nördlichsten Teile, Larsen A und B, sind inzwischen zerfallen, eine Folge der globalen Erderwärmung. Das gleiche Schicksal droht nun auch Larsen C. Mitte 2017 brach ein riesiges Stück ab, was die Gesamtgröße des Schelfs um etwa 12% verringerte. Die Fläche dieses Stückes entspricht etwa der siebenfachen Fläche Berlins!

Satellitenaufnahme des A68a am 13.02.2019 (Sentinel-1).

Dieser riesige Eisberg – A68 genannt – drehte sich entgegen dem Uhrzeigersinn von der Schelfeiskante weg und gab ein seit mehreren tausend Jahren unter dem Eis liegendes Ökosystem frei. Mit dem nun einfallenden Licht könnte sich dieses aber schnell verändern. Es ist also Eile angesagt. Schon zwei Expeditionen haben versucht, an die schwer zugängliche Stelle zu kommen, beide mussten sich dem meterdicken Packeis geschlagen geben. Nun versucht es die Polarstern.

Praxistest: Starten des Hubschraubers vom Helideck mit Außenlast.

Der Test hat geklappt, demnächst hängt am Hubschrauber ein Gerät zur Eiserkundung.

Schon die ersten Meilen nach der Passage von Rosamel-Island führten uns vor Augen, worauf wir uns eingelassen haben. Die meterdicken Schollen kann Polarstern nicht brechen. Vielmehr muss man sich einen Weg zwischendurch suchen. Dazu werden wir regelmäßig Eiserkundungsflüge durchführen. Satelittenaufnahmen unseres Fahrtgebietes erhöhen die Chancen, den richtigen Weg zu finden. Doch das Eis verändert sich schnell. Die Gezeiten verursachen Strömungen in unterschiedlichste Richtungen und keiner kann wissen, wie sich die Situation am nächsten Tag darstellt.

Lichtblick über der Antarktischen Halbinsel.

Vielleicht schaffen wir es, vielleicht nicht. Für den Fall, dass wir aufgeben müssen, gibt es schon Pläne für andere Forschungsarbeiten im nördlichen Bereich des Weddellmeeres. Doch vorerst gehen alle davon aus, dass wir A68a erreichen und wir die einmalige Chance für die Forschung nutzen können. Sicher ist auf jeden Fall, dass es ein Abenteuer wird.

CR

Fast schon mystisch: Rosamel Island.