Gakkel Deep

20180916 – 81°19.063’ N 120° 50.228’E – PS115.2

Nebel verwandelt die Landschaft aus jahrealtem Eis über dem Gakkel-Deep in ein kleines Wunderland.

Der Gakkelrücken ist ein unterseeisches Gebirge im Nordpolarmeer. Er verläuft etwa in einer Linie vom Mündungsdelta der Lena in Russland bis nach Grönland. Die diesen Rücken umgebenen Tiefseebecken haben bis zu 4000 m Wassertiefe, im Gakkel Deep geht es sogar bis unter 5000 m in die Tiefe. Und genau dort beginnen nun endlich unsere Forschungsarbeiten. Zu Beginn ein paar Messrunden, dann ein Großkastengreifer (eine Art Bagger),  ein Kastenlot (so etwas wie ein Schwerelot) und gleich danach das wichtigste Vorhaben in unserem ersten Arbeitsgebiet: Das Ausbringen einiger Ocean Bottom Seismometer (OBS) an der Nordflanke des Gakkel Deep. Insgesamt vier Seismometer sollen für die nächsten zwölf Monate Mikroerdbeben aufzeichnen.

Sehen ziemlich frisch aus…Eisbärspuren!

Bis 1999 wurde der Gakkelrücken als nicht vulkanischen Ursprungs angenommen. Doch damals entdeckten russische Wissenschaftler mithilfe eines Atom-U-Bootes Vulkane entlang des Rückens. 2001 erforschte man dann mit der Polarstern und dem amerikanischen Forschungseisbrecher Healy den Gakkelrücken und nahm Bodenproben. Die Entdeckung hydrothermaler Aktivitäten war wohl das überraschendste Ergebnis dieser Expedition. Aus alten Besatzungslisten konnte ich entnehmen, dass schon damals der langjährige Kapitän der Polarstern Stefan Schwarze als 1. Offizier an Bord war. Auf diesen Umstand geht es wohl zurück, dass das „Gakkel Deep“ polarsternintern auch als das „Schwarze Loch“ bezeichnet wird. Genaueres konnte ich allerdings nicht herausfinden. Diesmal ist er nicht dabei und abgesehen vom Aussetzen der vier OBSse ist das „Schwarze Loch“ auf dieser Expedition nur Nebenschauplatz.

Mit dem Mummy Chair auf die Scholle.

Installation der Eisdriftboje.

Mit gerade mal einem Meter pro Sekunde sinkt so ein OBS zum Meeresboden. Der ist an den Abwurfstellen etwa 4000 Meter tief, also dauert es mehr als eine Stunde bis zum Bodenkontakt. So lange müssen wir mindestens warten. Zum Glück für die Meereisgruppe – die wollten schon seit Tagen auf eine Scholle fliegen und Bojen ausbringen. Leider machte das Wetter mit Nebel und Niederschlägen solche Vorhaben undurchführbar. Aber über dem Gakkel Deep sind wir mitten im Eis – wozu also fliegen?

Die Boje ist installiert und sendet Positionsdaten.

Mittels des Mummy Chair, einer Art Korb am Kran der Polarstern, sollten die Eisforscher auf eine der Schollen direkt neben dem Schiff verbracht werden, wo sie Drift-Bojen ausbringen und Eisdickenmessungen durchführen könnten. Bleibt noch Zeit, dann sollten auch Eiskerne gebohrt werden. Während der vier OBS-Stationen gäbe es also vier mal die Chance, auch ohne Hubschrauber Eisarbeiten durchzuführen. Leider wurde die Rechnung ohne die Eisbären gemacht. Schon den ganzen Tag über fuhren wir an frischen Eisbärenspuren vorbei und es war nur eine Frage der Zeit, bis die Verursacher derselben auftauchen würden. Letztlich konnte nur eine der vier geplanten Stationen komplett „abgearbeitet“ werden. Bei zweien kamen die Eisforscher nicht mal aufs Eis und die letzte Station musste abgebrochen werden, da ein Eisbär auf der Backbordseite des Schiffes gesichtet wurde. Ziemlich fix hüpften die Wissenschaftler wieder in ihren Mummy Chair und wurden an Bord geholt.

Neugieriger Eisbär nahe der Polarstern.

Trotzdem sind alle zufrieden. Erstmal. Mehr war eben diesmal nicht drin. Im weiteren Verlauf der Reise soll es noch eine „große“ Eisstation geben. Da muss man dann nicht schnell zwischendurch arbeiten. Dann wird die Planung direkt auf die Bedürfnisse der Meereisgruppe ausgerichtet. Bleibt nur zu hoffen, dass sich dann auch die Eisbären an den Plan der Wissenschaftler halten…

CR

Ach, bin ich ein hübscher Bursche!