20180225 – 74° 47.320’ S 32° 46.570’ W – PS111
Gestern, am 24.(1)2.2018, war fast Weihnachten. Nur eine winzige „1“ trennte uns von diesem Datum. Anlass genug, in der Bar eine kleine Weihnachtsfeier zu veranstalten. Es gab Glühwein und gebrannte Mandeln. Pünktlich zur Feier setzte draußen Schneefall ein. Die ganze Nacht schneite es. Heute morgen war das Schiff mit einer Schneedecke überzogen, Schneeschaufeln wurden herausgeholt. Für eine Schneeballschlacht ist der Schnee allerdings zu locker, aber wer weiß – vielleicht bekommt ja doch jemand einen vernünftigen Schneemann zustande.
Anfang der Woche sind wir in die Polynya, die sich an der Schelfeiskante zwischen Berkner-Island und dem A23A-Eisberg gebildet hatte, gefahren. Hier war seit Jahrzehnten keiner mehr. Ein Glücksfall, denn selten tut sich das Eis hier so weit auf. In einem rund vier Seemeilen breiten Korridor konnten wir bis hinüber in das westliche Weddellmeer fahren und messen. Die Temperaturen fielen wieder mal ins bodenlose. Frisches Eis bedeckte das Wasser soweit man schauen konnte. Die Spur, welche die Polarstern durch das Eis zog, fror sofort wieder zu. Kurz bevor wir auf unsere alte Route weit im Westen trafen kehrten wir wieder um. Die Situation kann sich schlagartig ändern. Wenn die riesige Eisfläche im Norden beginnt sich wieder in Richtung Schelfeiskante zu bewegen, gibt es kein Halten mehr. Da nützt es auch nichts, dass wir mit einem Eisbrecher unterwegs sind. Also machten wir uns nach den Messungen schleunigst wieder von dannen und fuhren weit in den Norden bis in die Bucht vor Halley.
Auf dem Weg in die Halley-Bay durchquerten wir riesige Ansammlungen von gestrandeten Eisbergen. Das Wechselspiel von Sonne und Wolken veränderte ständig die Lichtstimmung. Immer wieder entdeckte man neue, bizarre Formen im Eis. Doch damit ist jetzt erstmal Schluss – wir haben die Schelfkante inzwischen verlassen, fahren jetzt nach Westen. Im Moment sollte man den Blick sowieso eher auf das Geschehen im Schiff konzentrieren, denn auch da tut sich Bizarres: Heute Nachmittag fand an Bord eine sogenannte „Kohlfahrt“ statt. Dieser Brauch ist in weiten Teilen Norddeutschlands verbreitet. Im Prinzip wandert man in einer Gruppe durch die norddeutsche Natur bis zu einem Gasthof, in welchem es dann Grünkohl mit Kassler oder ähnlichem gibt. Bis zum Essen wird natürlich schon jede Menge Alkohol konsumiert – es ist ja schließlich kalt draußen. Außerdem werden unterwegs einige Spiele gemacht, zum Beispiel das sogenannte Klootschießen. Für die Kohlfahrt in der Antarktis hat man sich allerdings andere Spielchen einfallen lassen und auch die zurückgelegte Strecke dürfte ziemlich kurz gewesen sein. Danach wurde wohl noch eine „Grünkohlkönigin“ gekürt, aber so genau weiß ich das nicht, denn ich konnte an der „Wanderung“ nicht teilnehmen. Das Grünkohlgericht gab es zum Glück für alle zum Abendbrot. Auch ohne zu wandern. War lecker…
CR