Unterwegs mit dem Spielzeug-ROV

20180218 – 76° 47.553’ S 34° 19.458’ W – PS111

Unser kleines ROV am Haken.

Tauchroboter habe ich mittlerweile schon einige in Aktion gesehen. In der Regel wurden die Geräte mit all dem notwendigen Zubehör in mehreren Containern auf das Schiff gebracht. Ein großes Team aus Technikern und Piloten reiste an. Der Betrieb dieser Roboter war immer Schwerpunkt der jeweiligen Reise. Der kleine Tauchroboter, der uns auf dieser Reise zur Verfügung steht, kommt da wesentlich bescheidener daher. Er ist ungefähr einen Kubikmeter groß, wird mit dem Schiffskran zu Wasser gelassen und seine Steuerzentrale passt in ein etwas größeres Pelicase. Dafür kann er aber auch nur ca. 500m tief tauchen. Sein Hauptzweck ist der Transport von Kameras und die Übertragung der Bilder zum Schiff. Aber auch einen kleinen Greifarm kann man anbringen und so Proben mit an Bord bringen. Die Geräte werden in Schweden gefertigt und vor allem für Kontrollen von Unterwasseranlagen, wie zum Beispiel Rohrleitungen, genutzt. 

Prinzipiell funktioniert es wie seine großen Brüder – es es schwimmt und steuert autark, die Verbindung zum Schiff wird über eine Datenleitung realisiert.

Unser Mini-ROV wurde von den AWI-Technikern umfangreich modifiziert. So gibt es beispielsweise eine Art Besen, mit welchem Proben von der Unterseite des Schelfeises „abgekehrt“ werden können. Auf diese Weise wollen die Wissenschaftler einer noch nicht erforschten Art Asseln auf die Spur kommen. Sie lebt an der Unterseite des Schelfeises. Erstmals wurden die Asseln während des Ice-Camps der Expedition PS96 entdeckt. Warum und wie die Asseln an solch ungewöhnlichen Stellen siedeln und überleben ist noch unklar. Welche Rolle sie im antarktischen Ökosystem spielen muss noch erforscht werden. Und falls sich jemand fragt, ob ich mit „Asseln“ so etwas wie die heimischen „Kellerasseln“ meine: richtig. So etwas gibt es hier.

Ronne-Schelfeis – hier kam unser Spielzeug-ROV zum Einsatz.

Wie man an unserer Position erkennen kann, sind wir wieder in den Ostteil des Weddellmeeres gefahren. Der Versuch, bis zum Übergang des Filchener-Ronne-Schelfeises zur Antarktischen Halbinsel vorzudringen, musste aufgegeben werden. Zu dicht war das Eis. Bis in die frühen Morgenstunden des letzten Montages waren wir damit beschäftigt, wieder aus diesem dichten Packeis herauszukommen. Immer wieder musste die Polarstern Anlauf nehmen, um die kompakten Schollen alten Eises beiseite zu schieben oder zu brechen. Auf dem Kursplot kann man unsere Bemühungen gut erkennen. Aufgrund der ungünstigen Eisverhältnisse sind wir dann bis zur nordwestlichen Ecke des A23A gefahren und haben uns an dessen Nordkante bis ins östliche Weddelmeer durchgemogelt. Es wird nicht mehr lange dauern bis dieses Gebiet für uns völlig unbefahrbar wird. Der Antarktische Winter naht!

Kursplot unserer Fahrt durch das dichte Eis im Westen des Weddelmeeres.

Einen kleinen Vorgeschmack auf diesen konnten wir Anfang der Woche erleben. Die Temperaturen sanken auf unter -20 °C. Dazu kam ein kräftiger Wind, der die gefühlte Temperatur auf Werte unter -50 °C sinken lies. Der Aufenthalt im Freien war nur dick eingepackt möglich. Vor allem im Gesicht merkte man die Wirkung der niedrigen Temperaturen schon nach kürzester Zeit. Ungeschützte Hautpartien erfrieren bei diesen Temperaturen schon innerhalb einer Minute. Arbeiten im Freien wurden also auf ein Minimum reduziert. Auf dem Wasser bildete sich in kürzester Zeit neues Eis. Die Feuchtigkeit in der Luft gefror zu Eisprismen, was herrliche Halo-Erscheinungen hervorrief.

Eishalo über dem südlichen Weddellmeer.

Abendliches Lichtspektakel zwischen den Eisbergen nahe der Schelfkante.

In der zweiten Wochenhälfte entspannte sich die Lage etwas. Wir haben jetzt wieder Temperaturen um -10 °C. Momentan scheint den ganzen Tag (und auch fast die ganze Nacht) die Sonne. Leider setzte das sonnige Wetter erst am Freitag ein – während der partiellen Sonnenfinsternis am Donnerstag Abend bedeckte noch eine dichte Wolkenschicht den Himmel. Nichts war zu sehen. Gestern Abend durchfuhren wir schließlich ein Gebiet ganz im Osten der Weddellsee. Unzählige gestrandete Eisberge waren zu bestaunen. Die Sonne tauchte alles in ein spektakuläres Licht. Wir wollen weiter nach Süden, wieder an den Rand des Filchner-Schelfeises. Dort tut sich gerade eine Polynya auf, die bis in den Westteil der Weddellsee reichen könnte. Vielleicht eine Chance, zwischen Berkner-Island und A23A an der Schelfeiskante zu forschen? Wir bleiben gespannt…

CR

Eine Gruppe Pinguine fühlt sich scheinbar wohl in der Nähe des Schiffes und beobachtet unser Treiben.

Der Start des Hubschraubers ist ihnen dann doch nicht geheuer – geordneter Rückzug ist angesagt.