SUGAR

20171109 – N 43° 24.590’ E 29° 23.900’ – M142

Die Muttergottes-Kathedrale in Varna.

Gerade eben ertönt der Alarm – es ist mal wieder Zeit für ein Stellmanöver. Normalerweise müssen sich jetzt alle mit Schwimmweste und persönlichem Wetterschutz ausgestattet zum Stellplatz auf dem Arbeitsdeck begeben, doch diesmal kann ich in der Wetterwarte bleiben. Das Manöver wird ausschliesslich für die 13 in Varna zugestiegenen Wissenschaftler durchgeführt. Sie waren während der Testfahrt nicht dabei und müssen natürlich auch wissen, wie die Abläufe im Fall der Fälle sind. 

Vor dem Hafen von Varna – der Lotse kommt an Bord.

Gestern Vormittag sind wir von unseren Testfahrten nach Varna zurück gekehrt. Wir bekamen Frischproviant, Treibstoff wurde ebenfalls gebunkert. Außerdem hatten die meisten noch Zeit für einen Landgang. Die Wissenschaftscrew ist jetzt komplett, es kann also losgehen. Heute Morgen verliessen wir Varna und sind gerade auf dem Weg in unser Arbeitsgebiet vor der Küste Rumäniens. Dort werden wir im Rahmen des SUGAR III – Projektes die Gashydrat-Sediment-Mikrostrukur des Donau-Paleodeltas erforschen. Das wichtigste Arbeitsgerät wird das MeBo200 (Meeresboden-Bohrgerät) sein, mit welchem wir in 550 bis 800 Meter Wassertiefe Bohrungen durchführen und Proben entnehmen werden.

Leuchtturm auf der Mole von Varna.

Bulgarisches Marineschiff.

Tanklager im Hafen von Varna.

SUGAR ist natürlich wieder mal ein Akronym und steht für „Submarine Gas Hydrate Reservoirs“. Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Sommer 2008 initiiert bringt es unter der Leitung des GEOMAR (Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung) in Kiel rund 30 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um Technologien zur Gewinnung von Methan aus den im Meeresboden vorhandenen Methanhydraten zu entwickeln. Außerdem sucht man nach Möglichkeiten, Kohlendioxid, beispielsweise aus Kraftwerken, sicher im Meeresboden zu speichern. Pumpt man nämlich flüssiges Kohlendioxid in ein Gashydratfeld, so reagiert dieses mit dem Methan, presst es aus der Quelle und bildet selbst ein Gashydrat, welches zudem stabiler als Methanhydrat wäre. So könnte man das klimaschädliche Kohlendioxid sicher binden und macht gleichzeitig eine gewaltige Energieresource nutzbar. Natürlich ist das in der Praxis nicht ganz so einfach, wie es sich in der Theorie anhört. Die Expedition M142 ist nur ein kleiner Teil dieses Projektes und es werden vor allem neue Werkzeuge und Technologien getestet, die für die zukünftige Gashydrat-Exploration und Produktion entwickelt und gebaut wurden. Das MeBo200 auf dem achteten Arbeitsdeck jedenfalls scheint mir ein beeindruckendes Stück Ingenieurskunst zu sein. Ich bin gespannt…

CR

Blinder Passagier an Bord der Meteor – eine Waldohreule.