Neustart

20210116 – Bremerhaven – PS124

Polarstern in der Lloyd-Werft Bremerhaven.

Nach der MOSAiC-Expedition wird die Polarstern im Dock wieder fit gemacht.

Als ich Anfang Juni letzten Jahres die Polarstern in Longyearbyen verließ, war das MOSAiC-Projekt noch lange nicht beendet. Wie schon berichtet fuhr Polarstern wieder zurück in die Arktis, zurück zu den Resten unserer Forschungsscholle. Dort wurde noch einige Zeit weiter geforscht, bis die Scholle Ende Juli endgültig in viele kleine Einzelteile zerbrach. Daraufhin wurde sämtliches Equipment geborgen und Polarstern brach Richtung Nordpol zu neuen Zielen auf. Den Nordpol erreichte das Schiff nach einem weiteren Crewwechsel Mitte August. Mit der eigentlichen MOSAiC-Expedition hatte das zwar nichts mehr zu tun, aber ergänzende Forschung konnte man ja trotzdem betreiben. Wo man schon mal da war…

Ende November ist es soweit – die Polarstern wird aus dem Dock geschleppt und für letzte Arbeiten an das Ausrüstungskai verholt.

Am Abend des 04.12.2020 startet die Polarstern frisch überholt zu ihrer Testfahrt in die Nordsee.

Mitte Oktober lief Polarstern schließlich wieder in Bremerhaven ein. Nach der langen Zeit im Eis musste so einiges wieder instand gesetzt werden. Zwei Monate verbrachte das Schiff deshalb in der Werft. Hin und wieder war ich während dieser Zeit an Bord, denn auch die Wetterwarte bekam einiges an neuer Technik – vor allem neue Computer und Bildschirme. Anfang Dezember fuhren wir dann auf eine Testfahrt in die Nordsee. Hauptaugenmerk bei dieser lag auf den Stabilisatoren. Da die kurz unter der Wasserlinie befindlichen Stabilisatoren während der MOSAiC-Expedition gestört hätten, wurden sie vorher demontiert. Nun soll es wieder auf „normale“ Expeditionen gehen, ein erneutes Einfrieren des Schiffes im Eis ist nicht vorgesehen. Also wurden die Stabilisatoren wieder nachgerüstet und mussten getestet werden. Alles verlief nach Plan und kurz vor Weihnachten brach die Polarstern gen Süden auf. Die Neumayer-Station in der Antarktis musste versorgt werden, neben der Forschung eine der Hauptaufgaben des Schiffes. In Kürze macht sie sich von dort auf den Weg zu den Falklandinseln. Da die sonst üblichen Häfen Kapstadt und Punta Arenas für einen sicheren Crewwechsel während der Corona-Pandemie nicht in Frage kommen, wurden die Malvinas als Startpunkt für die Expedition PS124 ins Weddellmeer gewählt. Anfang Februar werde ich dort an Bord gehen.

Wieder einmal verlasse ich Bremerhaven mit der Polarstern, diesmal aber nur für die kurze Zeit der Testfahrt.

Doch zuvor müssen sich alle Expeditionsteilnehmer und die Crew für 14 Tage in Quarantäne begeben. Ein Ausbruch von Corona an Bord der Polarstern wäre unvorstellbar und würde einen sofortigen Abbruch der Expedition bedeuten. Außerdem werden wir im Verlauf der Reise nochmals nach Neumayer fahren, um die letzten Wissenschaftler und Techniker, die nicht an der Überwinterungskampagne teilnehmen, abzuholen. Auch nach Neumayer darf unter keinen Umständen der Corona-Virus eingeschleppt werden. Die Angst davor treibt das AWI zu ungewohnt strengen Vorgaben für die Expeditionsteilnehmer.

Auf dem letzten, abendlichen Spaziergang durch den alten Fischereihafen.

Für die Quarantäne hat das AWI eigens ein Hotel in Bremerhaven angemietet. Hier werden wir für eine Woche auf unseren Zimmern komplett von der Umwelt isoliert. Ein PCR-Test zu Beginn und ein weiterer am Ende dieser Woche müssen negativ ausfallen – erst dann werden die Regeln gelockert und Wissenschaftler und Crew dürfen sich während der zweiten Quarantäne-Woche frei im Hotel bewegen. Ein Verlassen des Hotels ist natürlich bis zum Ende der zweiwöchigen Quarantäne strikt untersagt. Auch die Besatzung des Airbus A350 der Lufthansa, welcher uns in einem Nonstop-Flug zu den Falklands bringen wird, hat im Quarantäne-Hotel eingecheckt. Kurz vor unserem Abflug wird erneut jeder einem Test unterzogen. Erst wenn dieser ebenfalls negativ ausfällt, geht es mit dem Bus in ein extra für diese Aktion geöffnetes Terminal des Hamburger Flughafens, wo die notwendigen sicherheitstechnischen Checks weitgehend abgeschirmt von der Umwelt stattfinden werden. Aufgrund dieser Maßnahmen können wir davon ausgehen, dass uns bis zum Ende der Expedition eine Pause in dieser unleidlichen Corona-Pandemie vergönnt ist. Und ich hoffe, dass sich bis zu meiner Rückkehr auch im Rest der Welt einiges zum Besseren gewendet haben wird. Allerdings befürchte ich, dass die Zeit nicht reichen wird.

Forschungsschiff Heincke unweit des Hotels.

Fischkutter Gera – Museumsschiff direkt gegenüber des Quarantänehotels.

Da ich ab heute das Hotel für zwei Wochen nicht verlassen darf, nutzte ich den gestrigen Abend für einen ausgedehnten Spaziergang durch den Fischerei-Hafen. Leider ist das kulturelle Leben auch hier völlig zum Erliegen gekommen, sämtliche Restaurants haben natürlich geschlossen. Von meinem Zimmer aus kann ich zwar den alten Hafen überblicken, doch viel Abwechslung bietet das nicht. Ab nächstem Wochenende können wir die Zeit immerhin in Gesellschaft unserer Kollegen verbringen. Ich hoffe, alle Tests fallen negativ aus und wir können coronafrei und ohne Masken zur Expedition PS124 starten.

CR

Eingang zum Nordseehotel Fischereihafen – hinter diese Tür verschwinden alle Teilnehmer für 2 Wochen Quarantäne.