Kaffeklubben Ø

20180821 – 83° 39.700’ N 30° 36.600’ W – PS115.1

Der nördlichste Teil Grönlands, das Pearyland – irgendwo da vor der Küste muss die flache Kaffeklubben Ø sein.

Kap Morris Jesup, benannt nach einem Finanzier des amerikanischen Polarforschers Robert Peary, ist der nördlichste Punkt Grönlands. Doch an der Küste vor den riesigen Bergen und Gletschern des Pearylandes liegt noch eine kleine, flache und damit unscheinbare Insel. Mit einer Länge von rund einem Kilometer und einer Breite von 400 Metern liegt sie 3,8 km nördlicher als Kap Morris und ist die nördlichste Insel der Welt. Der dänische Forscher Lauge Koch hat sie 1921 erstmals betreten und nach dem Kaffeeclub im Museum für Mineralogie in Kopenhagen benannt: Kafeeklubben Ø. Noch etwas weiter seewärts, außerhalb der 12-Meilen-Zone, befindet sich das aktuelle Arbeitsgebiet der Polarstern. Nördlich von uns gibt es also kein Land mehr bis zum Nordpol!

Luftspiegelungen an der Küste Grönlands.

An das regelmäßige Rumsen des Luftpulsers hat man sich inzwischen gewöhnt. Mit kurzen Unterbrechungen finden seit rund zwei Wochen die seismischen Messungen statt. Auch hier, ungefähr 400 Seemeilen südlich des Nordpols, geht alle 11 Sekunden eine Erschütterung durch das Schiff. Bei geringeren Wassertiefen spürt man die Schallwellen sogar doppelt, denn die Reflexionen vom Meeresboden erreichen dann kaum gedämpft den Schiffsboden innerhalb eines Sekundenbruchteils. Im Wasser breiten sich Schallwellen mehr als viermal so schnell aus wie in der Luft. Bei 150 Meter Wassertiefe dauert es gerade mal rund 1/5 Sekunden, bis ein großer Teil der Schallwelle vom Boden reflektiert wieder auf den Schiffsrumpf trifft.

Airgun in Aktion – der Seismik-Luftpulser wird mit 150 Bar „beladen“, welche dann unter Wasser entladen werden.

In Abhängigkeit vom vorhandenen Material im Meeresboden ändert sich das Verhältnis von Schallgeschwindigkeit und Schalldruck. Mittels Hydrophonen in einem bis zu drei Kilometer langem Kabel, Streamer genannt, ermittelt man dieses Verhältnis und kann so auf die Beschaffenheit des Meeresbodens schliessen. Der Streamer wird in etwa zwölf Metern Wassertiefe hinter der Polarstern geschleppt. Das Schiff fährt dabei mit etwa 5 Knoten voraus und Kursänderungen können nur sehr langsam erfolgen. Ausweichmanöver, beispielsweise um große Eisschollen herum, müssen deshalb schon sehr zeitig eingeleitet werden, was bei Nebellagen schon mal schwierig werden kann. Wird das Eis zu dicht, kann man den Streamer kürzen und wird so etwas flexibler. Die Datenausbeute wird dadurch natürlich geringer.

Auslegen des Streamers. Bis zu 3 km Länge machen die Navigation des Schiffes erheblich komplizierter.

Auftriebskörper des BGR-Luftpulsers. Im Wasser sieht man den schon ausgelegten Streamer.

Die Gegend um Kap Morris Jesup war ursprünglich gar nicht als Forschungsgebiet geplant. Normalerweise ist so weit westlich das Eis unpassierbar, zumindest für ein Schiff mit einem drei Kilometer langen Streamer am Heck. In diesem Jahr erweiterte sich die übliche schmale Polynia vor der Küste Nordgrönlands bis auf 84° N und weit in die bei Kap Morris beginnende Lincolnsee hinein. So können wir in einer Gegend forschen, aus welcher noch kaum Daten vorhanden sind. Ob diese Eisentwicklung eine Ausnahme bleibt oder zur Regel wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Sollte sich jedoch ein Trend abzeichnen, dann wird man hier zukünftig häufiger Frachtern begegnen, was für das empfindliche Ökosystem in dieser Gegend nicht unbedingt ein Segen wäre. Im Augenblick aber sind wir hier allein und können in aller Ruhe unsere Bahnen durch den Nebel ziehen, in großen Bögen wenden und so Stück für Stück den Meeresboden erforschen. Wenn nur dieses ständige gerumse nicht wäre…

CR

Nebelbogen in besonders starker Ausprägung.

Silberhochzeit fernab der Heimat – rund 2000 Seemeilen liegen zwischen uns /:.-{