20180807 – 75° 14.992’ N 01° 55.591’ W – PS115.1
Wir sind unterwegs! Kurz vor Auslaufen kamen die letzten Koffer an Bord. Das war knapp und einige der „kofferlosen“ hatten sich vorsorglich schon in Tromsø mit den notwendigsten Klamotten eingedeckt. Alle haben jetzt die für die Fahrt in den Nordosten Grönlands notwendigen Sachen, zum Stellmanöver – obligatorisch für alle zugestiegenen Wissenschaftler – kam keiner mehr in kurzen Hosen und T-Shirt.
„GREENMATE“ wurde die Expedition getauft. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat diesmal die Leitung. Beteiligt sind aber wie meist noch jede Menge andere Projekte, wie zum Beispiel die Beobachter vom „Mammal & Birds“ Projekt und des „Professional Mammal Observing Service“. Das ist auch dringend nötig, denn Hauptgerät auf dieser Reise ist ein Luftpulser, mit welchem seismische Messungen durchgeführt werden. Gelegentlich wird das Gerät auch Airgun genannt. Es „schiesst“ kurz unter der Wasseroberfläche hochkomprimierte Luft in das Wasser, erzeugt dadurch Druckwellen, welche wiederum vom Meeresboden reflektiert werden. Daraus kann man dann ein Schichtungsprofil ableiten. Leider ergibt das aber auch riesigen Lärm unter Wasser und man kann sich vorstellen, dass das vor allem für Säugetiere wie Wale und Robben unerträglich sein muss. Also wird mit verschiedensten Hilfsmitteln der Bereich um das Schiff lückenlos nach Tieren abgesucht und die seismischen Messungen bei einem Fund umgehend unterbrochen.
Das „Greenland Margin Tectonic Evolution Project“ – dafür steht das Akronym „GREENMATE“ – erforscht den strukturellen Aufbau und die tektonische Entwicklung der Kontinentalränder vor Nordostgrönland. Das soll zum besseren Verständnis der geologischen Entwicklung des Europäischen Nordmeeres und der angrenzenden Schelfregionen beitragen. Dabei steht nicht nur das rein wissenschaftliche Interesse im Fokus, sondern man will auch das Rohstoffpotential in dieser bislang unzureichend erforschten Gegend besser bewerten können. Ein Schwerpunkt, der bei mir persönlich eher Kopfschmerzen auslöst. Das rein wissenschaftliche Bestreben, Zusammenhänge zu verstehen und neues zu entdecken, wird wohl auch auf dieser Reise getrübt durch rein wirtschaftliche Erwägungen.
Die Fahrt durch die Inselwelt vor der Küste Norwegens erlebten wir diesmal tagsüber. In den späten Abendstunden passierten wir den Leuchtturm auf Fugløykalven und fuhren westwärts in Richtung Grönland. Mittlerweile haben wir die halbe Strecke schon geschafft. Morgen erreichen wir unser erstes Arbeitsgebiet, den westlichen Grönlandrücken. Dort sollen erste geologische Proben genommen werden, was uns aber nicht länger aufhalten wird. Das eigentliche Ziel liegt direkt vor der Nordostküste Grönlands. Dort soll die Airgun zum Einsatz kommen – ich bin gespannt.
CR