Das Ende der Scholle?

20200428 – 84° 02.300’ N 16° 33.732’ E – MOSAiC Leg 3

Unsere Forschungsscholle: Mitten hindurch ein breiter Riss!

Während der letzten Wochen taten sich immer mehr Risse rund um die Polarstern auf. Meist wurden die so entstandenen Schollen wieder zusammen geschoben, wobei sich hohe Ridges bildeten. Immer wieder mussten neue Wege zu den einzelnen Meßfeldern erkundet werden, manche sind nur per Helikopter zu erreichen. Der zentrale Bereich unserer Forschungsscholle mit der Logistikarea und dem Central Observatory überstand diese Veränderungen weitgehend unbeschadet. Bis heute. Der Neueste Riß verläuft parallel zur Polarstern, trennt nun die LogArea vom Central Observatory und stellt damit jegliche wissenschaftliche Arbeit in Frage. Letzte Nacht wurde hektisch der Pistenbulli auf das Helideck gerettet, ein Skidoo versank beinahe im neu entstandenen Riß. Da sich auch das Schiff bewegte, mussten die Stromleitungen zu den Observatorien gekappt werden. Der heutige Tag war gefüllt mit Rettungs- und Aufräumarbeiten.

Fast schon idyllisch: ROVCity am Fluß gelegen. Allerdings ist der Fluß mehr als 4000 Meter tief!

Gestern noch schien die Welt auf der Scholle in Ordnung zu sein. Wir machten mal wieder mal einen kleinen Nachmittagsspaziergang. Die Eislandschaft rund um das Schiff ist märchenhaft, auf den zugefrorenen Rissen bilden sich Frostflowers. Vom Kamerateam verfolgt besichtigten wir das Sternlead, liefen am alten Standort von Droneville vorbei in Richtung MetCity. Die Lage schien sich stabilisiert zu haben, die Forschungswelt auf der Scholle war in bester Ordnung. Der neue Riß entstand nur wenige Stunden nach unserem Spaziergang und zeigt, wie plötzlich die Situation sich verändern kann. Der Plan, die Scholle für unseren Crewexchange in Spitzbergen für drei Wochen zu verlassen und währenddessen einen Großteil der Messgeräte auf der Scholle in Betrieb zu halten, scheint mir zu waghalsig. Ich bin gespannt, ob man nach der heutigen Erfahrung daran festhält.

So sehr auch die ständigen Veränderungen der Eislandschaft bei der Wissenschaft stören, so formen sie auch eine wunderschöne Märchenlandschaft rund um die Polarstern.

Es ist wieder kalt genug für die Ausbildung von Snowflowers in den frischen Rissen im Eis.

Am sogenannten „Sternlead“ nahe der Polarstern.

Ein weiteres Problem für die zurückgelassenen Geräte könnten Eisbären werden. Schon vor einigen Tagen haben wir den ersten in der LogArea gesichtet. Leider kam ich zu spät für ein gutes Foto, ich konnte ihn nur noch von weitem beobachten. Er lauerte ziemlich lange an einem Riss hinter MetCity auf Beute. In den nächsten Wochen werden wir sicher weitere Eisbären sichten, denn der Winter in der Arktis ist vorbei und wir nähern uns immer weiter dem Festland von Spitzbergen. 

CR

Schon vor ein paar Tagen besuchte uns ein Eisbär. Leider konnte ich ihn nur noch in der Ferne ausmachen, aber vielleicht folgen ja demnächst noch weitere.