MOB

20180725 – 80° 08.870’ N 00° 18.264’ E – PS114

Nur eine Übung – langsam wird ein Freiwilliger ins eiskalte Wasser gelassen.

Gleich vorweg: Es ist nicht wirklich was passiert, alles nur eine Übung! Aber hin und wieder muss das mal sein. In der Theorie lässt sich leicht darüber reden. Da ist schnell klar, was zu tun ist. Anders verhält es sich, wenn tatsächlich jemand über Bord ins eiskalte arktische Wasser geht und gerettet werden muss. „Man over Board“, kurz „MOB“, nennt man das für gewöhnlich. Heute muss es natürlich „Person over Board“ genannt werden, man will ja politisch korrekt sein. Aber bei dieser Übung war der Freiwillige männlichen Geschlechts und so kann ich beim gewohnten „MOB“ bleiben.

Beängstigend! Kaltes Wasser, Eis – zum Glück ist aber die Polarstern in Sicht.

Ich kenne diese Art Übungen von der Segelei. Da geht man in einem solchen Fall auf einen Raumschotkurs, macht anschliessend eine Halse, kehrt dadurch in einem großen Bogen zum Verunglückten zurück und stellt das Boot unmittelbar an der Unglücksstelle in den Wind. Alles ohne Motor, keine Gefahr durch die Schraube für den Verunglückten. Das ganze erfordert natürlich ein wenig Übung, sonst überfährt man den auf Rettung Wartenden leicht. Ein Schiff wie die Polarstern ist natürlich für solche Spielereien nicht geeignet, schon weil es keine Segel hat. Hier muss man gehörigen Abstand zum Verunglückten halten und bedient sich des Schlauchbootes für die Bergung.

Rettung mit dem Schlauchboot.

Oder man verwendet das „Rescue Star System“. Das wurde bei dieser Übung ebenfalls getestet. Allerdings erfordert das die Mitarbeit des Verunglückten. Er muss über das zu Wasser gelassene Netz schwimmen und kann dann mit dem Kran zurück an Bord geholt werden. Letztlich muss man aber ziemlich nah mit dem Schiff an die Person im Wasser heran fahren – keine schöne Vorstellung. Wahrscheinlich nutzt man dann doch lieber das Schlauchboot.

Rettung ohne Schlauchboot. Das Netz wird ins Wasser gelassen, der über Bord gegangene muss einfach darüber schwimmen und wird aus dem Wasser gefischt.

Den Hausgarten haben wir inzwischen verlassen und sind nach einem kurzen Transit nahe des Nullmeridians nach Norden gefahren. Dabei wurden regelmäßig Meerwasser- und Luftproben genommen, um die Verteilung von organischen Schadstoffen im arktischen Ökosystem zu untersuchen. Ein zweiter Schwerpunkt dieser Reise. Das dritte Arbeitsgebiet werden wir in etwa drei Tagen erreichen. Den 79°-Gletscher an der Küste Ostgrönlands. Ich war schon im Rahmen der Reise PS109 vor Ort und freue mich auf diesen Höhepunkt der Reise. Dann wird sich hoffentlich auch der Nebel lichten und wir können den Blick auf Grönland und seine Gletscherwelt genießen.

CR

Gleich noch mal ins kalte Wasser! Das neue Rettungssystem soll auch noch getestet werden.