Neumayer III

20180129 – 70° 40.080’ S 08° 16.746’ W – PS111

Neumayer III Station auf dem Ekström-Schelfeis

Wir haben ihn knapp verpasst: denn ersten Sonnenuntergang auf dem Ekström-Schelfeis 2018. Nur zwei Tage vor unserer Ankunft in der Atka-Bucht ging die Sonne das erste Mal in diesem Jahr unter. Nicht dass es jetzt nachts dunkel wäre, aber die Tage werden trotzdem kürzer. Für Ausflüge zur nahe gelegenen Neumayer III Station spielt das aber keine Rolle und heute war es soweit. Normalerweise werden die Besucher mit von Pistenbullies gezogenen Schlitten auf den Weg geschickt. Die Fahrt zur Station dauert so etwa eine Stunde. Wir von der Wetterwarte konnten aber mit dem Hubschrauber zur Forschungsstation fliegen – die Wetterwarte sollte nur möglichst kurz unbesetzt sein. Mit dem Heli dauert der Transfer keine zehn Minuten. Vor Ort trafen wir uns natürlich mit unseren Kollegen, doch es war auch genügend Zeit für einen ausgiebigen Spaziergang in der Umgebung der Station.

In der Lounge der Station. Mittelpunkt. Treffpunkt. Könnte gemütlicher sein.

Und so kam es, dass ich allein durch die Eiswüste des Neuschwabenlandes stapfte. Die Station selber steht auf einem Schneehügel, der sich im Laufe der Jahre durch Schneeablagerungen aufgebaut hat. Das Gebäude wird deshalb jedes Jahr um knapp einen Meter aus diesen Verwehungen herausgehoben, so dass es wieder frei auf den Stelzen steht. Verlässt man die Station so geht es also erstmal leicht bergab. Im Umkreis von bis zu 1500 Metern stehen eine ganze Menge Messcontainer und kleinere Plattformen. Hier wird Magnetik-, Seismik-, Spurenstoff- und Akustikforschung betrieben. Die Entfernung zum Hauptgebäude soll Verfälschungen der Messergebnisse verhindern. Auch ein Gewächshaus ist hier zu finden. Allerdings nutzt dieses nicht die Sonneneinstrahlung sondern wird mit Infrarotlicht betrieben. Es handelt sich um ein Experiment aus der Weltraumforschung. Ähnlich wie im All muss man im antarktischen Winter mit dem auskommen, was vor Ort vorhanden ist. Ob man deshalb das Experiment unbedingt hier durchführen müsste sei dahingestellt. Aber frisches Gemüse für die Überwinterer wird wohl auf jeden Fall dabei herauskommen und das hebt sicher die Stimmung in der langen Dunkelphase.

Gewächshaus des EDEN – ISS Projektes.

Auf meinem Weg um die Station herum kam ich auch an der Bibliothek vorbei. Es handelt sich hierbei um einen grünen Container, der richtig gemütlich eingerichtet ist. Ich glaube als Überwinterer wäre ich ständig hier. Das Hauptgebäude ist ja eher funktional eingerichtet. Selbst die Lounge mit der riesigen Sitzecke und einem herrlichen Panoramablick wirkt auf mich eher ungemütlich. Es sind eben alles aneinander gereihte Container mit einer extra Außenhülle drum herum. Und das merkt man deutlich. Aber die Bibliothek…wirklich nett!

Bibliothek in der Antarktis – der wohl gemütlichste Ort im Umkreis tausender Kilometer.

Rund zwei Stunden war ich in Neumayer III. Lang genug, um beeindruckt zu sein, viel zu kurz, um die unendliche Weite des Schelfs wirklich zu erleben. Dazu muss man wohl wirklich hier überwintern. Insgesamt 14 Monate dauert so eine komplette Kampagne. Das ist viel Zeit weit weg von daheim, weit weg von allem. Es ist sicher schwer, sich danach wieder im heimischen Alltag zurecht zu finden. Aber vielleicht gehört auch das zu den Gründen, warum viele der ehemaligen Überwinterer sofort wieder hier überwintern würden. Es ist auf jeden Fall eine ganz besondere Erfahrung – das bestätigten mir alle Überwinterer, die ich bisher kennen gelernt habe.

CR