Triton, Neptun und Thetis

20160923 – S 10° 55.901’ W 35° 00.179’ – M130

Die eingeblendeten Daten sind original vom D-Ship-System des Schiffes bei Überqueren des Äquators entnommen!

Mittlerweile fahren wir schon seit über einer Woche auf der Südhalbkugel herum. Wird Zeit, dass ich mich mal wieder melde!

Nachdem wir die Verankerungen nördlich des Äquators erneuert hatten, sind wir auf 23°W gerade aus weiter nach Süden gefahren. Alle 30 Seemeilen wurde eine CTD in die Tiefe geschickt, um Temperatur, Salzgehalt, N2O, Strömung und Partikelverteilung zu ermitteln. Auch die Mikrostruktursonde, das Multinetz zur Aufnahme von Zooplankton und eine Lichtabsorbtionssonde kamen zum Einsatz. Für 30 Seemeilen braucht man mit der Meteor knapp drei Stunden, die einzelnen Stationen dauerten bis zu vier Stunden – also war Schichtdienst für die Wissenschaftler angesagt. Das eigentliche Highlight – die Überquerung des Äquators und die damit verbundenen teils merkwürdigen Zeremonien – mussten deshalb erstmal ausfallen. Und so fuhren und forschten wir mit „allerlei dreckigem Gesindel“ auf den Meeren der Südhalbkugel.

Ablasskiste: hier können die Täuflinge ihre Peiniger milde stimmen – hat aber kaum geholfen…

Doch durch bloße Ignoranz entkommt man den Schergen Tritons nicht. Und so wurde schon lange vor der Überquerung des Äquators ein „Reinigungsrat rastloser Regionen“ gebildet, um die unausweichliche Ankunft Neptuns vorzubereiten. Diese wurde zu Beginn des Transits in das Arbeitsgebiet vor Brasilien avisiert. Mittels Aushängen wurden allen Ungetauften Verhaltensregeln und Erwartungen mitgeteilt. Der sofort vom Reinigungsrat ins Leben gerufene Ablasshandel kam nicht so recht in Schwung. Einige der Täuflinge brachten sogar Poseidon ins Spiel. Derartiges interessierte Neptun aber gar nicht – Anwesenheit ist entscheidend und so schickte er am Montag Abend seinen Sohn Triton ins Rennen. Poseidon lies sich nicht blicken…

Mit lautem Getöse tritt Triton in Erscheinung, übernimmt die Schiffspapiere und bereitet die Täuflinge auf den nächsten Tag vor.

Alle Täuflinge waren angehalten, einen letzten Willen zu verfassen und sich im Taufgewand im Konferenzraum einzufinden. Nach einem letzten Foto wurden sie in Polizeigewahrsam auf dem Arbeitsdeck versammelt. Mit großem Getöse erschien Triton auf dem Schiff, hielt eine gar gruselige Rede, bekam Schiffspapiere und Schlüssel vom Kapitän übergeben – die Meteor war nun in Neptuns Hand. Nachdem jeder Täufling sein Testament verlesen hatte – man weiß ja nie, wie so eine Taufe endet – wurden alle einer Grundreinigung im Pool unterzogen. Die folgende Nacht sollte in Buße verbracht werden – wer trotzdem schlief, wurde am nächsten Morgen gegen sechs Uhr mit lautem Getöse geweckt.

Beim Pfarrer – das wichtigste: den Taufnahmen nicht vergessen!!!

Der Morgen der Taufe auf der Meteor. Eine leichte Brise weht, das Schiff gleitet auf seinem Weg nach Brasilien sanft durch die flache Dünung. Das „dreckige, ungetaufte Gesindel“ ist inzwischen eingesperrt, nichts soll die nötigen Vorbereitungen auf die Ankunft des „Beherrschers aller Meere, Seen und Flüsse, Teiche und Tümpel“ stören. Gegen neun Uhr erscheint er dann, im Schlepptau seine derzeitige Getreue Thetis. Nach einer Rede vor den Täuflingen – welche danach sofort wieder separiert wurden – nahm er Platz auf einem eigens hergerichteten Thron. Und so konnten die Dinge ihren Lauf nehmen. 

Schwester Hildegard wartet schon!

Die Täuflinge wurden einzeln vor den Pfarrer gezerrt, bekamen, umrahmt von einem sinnigen Taufspruch, ihre zukünftigen Namen mitgeteilt und durchliefen anschließend die verschiedenen Stationen der Läuterung. Jeder wurde ärztlich untersucht und hochnotpeinlich befragt, was bei einigen eine Sonderbehandlung notwendig machte. Doch letztendlich konnten alle im Pool getauft werden. Nach der Taufe wurde noch aufwendig frisiert und das Ergebnis fotografisch festgehalten. Jetzt war man bereit, vor Neptun zu treten. Diesem stellte man sich mit seinem neuen Namen vor und gehörte alsbald zum Kreis der Auserwählten.

Beim Schmied: hier erhalten alle Täuflinge ein Branding.

Fügt man sich nicht, so bekommt man eine Sonderbehandlung.

Lange hat es gedauert. Immerhin 20 Täuflinge erschienen zu dieser Taufe. Am frühen Nachmittag war dann alles überstanden und wir konnten nach umfangreichen Aufräumarbeiten zum geselligen Teil des Tages übergehen – dem Bergfest. Bei diesem wurden die frisch getauften für den kulturellen Teil verpflichtet – danach gab es dann die schwer erarbeiteten Taufurkunden.

Taufe: die Hauptsache ist erledigt!

Ich gehörte zur Presseabteilung Neptuns. Da dieser sehr auf Privatsphäre bedacht ist, waren nur zwei Fotografen zugelassen. Aus diesem Grunde ich kann auch nur wenige der rund 800 Fotos, die ich während der beiden Tage gemacht habe, hier verwenden. Wollt ihr also ins Antlitz Neptuns schauen, so müsst ihr euch selbst auf den Weg über den Äquator machen. Und wer Neptun nicht mag – die Thetis ist allemal einen Blick wert!

CR

Ein letztes Foto – jetzt ist man bereit für Neptun!