Ostfriesennerze in Afrika

20160219 – S 30° 45.297’ E 30° 35.549′ – M123

Trotz Windstärke 7 und Dauerregen – Stationsarbeiten werden gemacht, wenn wir da sind – notfalls im Ostfriesennerz!

Zugegeben, so richtig in Afrika sind wir ja nicht. Aber ziemlich nah dran sind wir schon. Und so erwartet man, dass man hier in kurzer Hose und T-Shirt arbeiten kann. Afrika ist ja schliesslich warm! Aber wer sich auskennt weiß von den kalten Strömungen an der Südwestküste Afrikas. Von Namibia kommend befanden wir uns bis zum Kap der guten Hoffnung im Benguelastrom – die Temperaturen auf See schafften es kaum über 20°C – ich berichtete schon davon. So richtig warm wurde es erst, als wir uns in den Bereich des Agulhas-Stromes begaben. Diese Meeresströmung entlang der Ostküste Afrikas transportiert riesige Mengen warmen Wassers nach Süden und sorgt damit in unseren beiden ersten Arbeitsgebieten für Temperaturen jenseits der 25-Grad-Marke. An der Südküste Afrikas treffen also warme und kalte Strömungen aufeinander und man kann sich denken, dass Wetterereignisse hier gern auch mal etwas extremer ausfallen.

Gestern hatten wir einen solchen Tag. Ein Tiefdruckgebiet über der Südküste Afrikas verlagerte sich langsam nach Osten, verstärkte sich weiter und „drückte“ gegen den über der Südostküste liegenden Hochdruckkeil. Die Folge waren ein erhöhter Luftdruckgradient und daraus resultierende hohe Windgeschwindigkeiten. Der Tag begann mit zum Teil starkem Regen, der den gesamten Vormittag anhielt. Das Arbeitsdeck wurde regelmäßig von überkommenden Wellen geflutet. Die Forschungsarbeiten gingen dennoch weiter und so kann es auch in (fast) Afrika notwendig sein, Gummistiefel und Ostfriesennerz aus dem Koffer zu kramen. 

Es ist kaum möglich trockenen Fusses über das Arbeitsdeck zu gelangen.

Am späten Vormittag kam dann die Idee auf, nochmal zurück an die Mündung des Thukela, rund 100 Seemeilen nordöstlich unserer Position, zu fahren. Die Kernproben aus diesem Gebiet waren unbefriedigend – das bekommt man besser hin. Also machten wir uns am Abend auf den Weg. Inzwischen hatte sich genau in diesem Gebiet eine riesige Gewitterzelle ausgebildet – auf der Satellitenbild-Animation ist sie schön zu erkennen. Fast die gesamte Nacht kämpfte sich die Meteor durch schweres Wetter. Blitze gab es im Sekundentakt, die Szenerie war gespenstig. Sämtliche Außenbereiche des Schiffes waren gesperrt. Die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden, ist nicht zu unterschätzen!

MET10 IR039 2016-02-18 1800 UTC

Durch starken Wind und hohen Seegang kam die Meteor nur sehr langsam voran. Wir erreichten das Mündungsgebiet des Thukela erst im Laufe des heutigen Vormittags. Während der Stationsarbeiten war nichts mehr vom Gewittersturm der letzten Nacht zu spüren. Die Sonne schien, der Seegang war auf Höhen unter zwei Meter zurück gegangen und auch der Wind spielte kaum eine Rolle. Für die Arbeit an Deck reichten wieder kurze Hosen und T-Shirt – wie man das eben von Afrika erwartet.

Inzwischen sind wir wieder auf dem Weg nach Süden. Heute Abend erreichen wir die Stelle, an der wir unseren Plan gestern unterbrochen hatten. Das Wetter war den ganzen heutigen Tag ruhig und vor allem sonnig. Doch das nächste Tief kündigt sich an – ein Stück weiter nach Süden werden für morgen und die darauf folgende Nacht Wellenhöhen bis zu fünf Meter erwartet. Lassen wir uns mal überraschen! Auf jeden Fall soll ab Sonntag eine allgemeine Wetterberuhigung eintreten. Ich werde wohl jetzt noch ein wenig die Pause zwischen den Tiefdruckgebieten geniesen – wer weiß, ob die Wetterprognose für den Sonntag stimmt…

CR

Mittels Schwerelot werden Proben der Sedimentablagerungen im Mündungsgebiet des Thukela gewonnen.